Angebot von MVV, MVG und DB-Regio – Antwort von Studentenwerk und StuVes


Liebe Semesterticket-Interessierte,

Ihr wisst, wir bemühen uns stets um seriöse und objektive Berichterstattung, aber angesichts des Verlaufes unseres Lieblingsthemas seit Beginn dieses Jahres fällt uns das zunehmend schwer (und wir sind da nicht die Einzigen) – deswegen heute ein etwas subjektiverer Blick auf die neuesten Entwicklungen, welcher Euch auch das Lesen erleichtern soll.

Die gute Nachricht: Der Münchener Verkehrs- und Tarifverbund MVV gab in Abstimmung mit den beiden größten Verkehrsbetrieben, der Münchener Verkehrsgesellschaft MVG (U-Bahn, Bus und Tram) sowie der DB-Regio / S-Bahn München, am 28.5. das lange erwartete Angebot für ein Semesterticket ab.

Die schlechten Nachrichten: Es entspricht nur noch wenigen Vereinbarungen, welche seit längerer Zeit mit dem MVV galten, und übersteigt bisher diskutierte Preisniveaus.

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Versprecht uns, dass Ihr diese Email nicht bereits an dieser Stelle aufhört zu lesen und die Flinte ins Korn werft, wir tun es auch nicht – erster Schock verdaut? Sehr schön! Dass wir ein Angebot bekommen, ist für sich betrachtet schon eine kleine Sensation, währte die Diskussion in München nun doch immerhin 17 Jahre – konkrete Verhandlungen laufen seit 2,5 Jahren. Wie das Studentenwerk und die Studentischen Vertretungen von LMU, TUM und HM umgehend dem MVV schrieben, sehen wir vor allem bei zwei Punkten erhebliche Probleme:

* Die unabhängige Zustimmung oder Ablehnung eines Angebotes durch Urabstimmungen an den Hochschulen war seit Monaten Konsens mit dem MVV. Die beiden anderen Preisvarianten im derzeit vorliegenden Angebot sind wirtschaftlich im Vergleich wenig attraktiv. Durch diese Einschränkung sinkt die Chance einer Einführung im ersten Anlauf nach unseren Schätzungen auf ca. 10 bis 15% (Ihr könnt dies durch die Multiplikation der drei möglichen Zustimmungsquoten an LMU, TUM und HM selbst testen). Dieser Zwang wurde von MVG und DB-Regio völlig überraschend im April 2009 das erste Mal geäußert.

* Die eingeräumte Nutzungsmöglichkeit zu Nebenzeiten wurde montags bis freitags „nach hinten“ auf 19 Uhr verlegt. Frühere und damit attraktivere Zeiten waren im Gespräch. Der MVV selbst präsentierte im Wirtschaftsausschuss der Stadt München in einem Preisvergleich u.A. 17 Uhr; auch auf den Gesellschafterversammlungen tauchten vermutlich diese Uhrzeiten auf. Entweder man gestaltet die Nebenzeiten wieder attraktiver, oder muss folgerichtig über einen günstigeren Sockelbetrag diskutieren.

Nochmals zum Sockelmodell: Es ist ein Semesterticket, welches aus einer Kombination „möglichst niedriger Solidarbeitrag aller Studierenden“ mit einem freiwilligen Aufpreis für ein ganztags gültiges Ticket besteht. Für die Gesamtheit der Studierenden sollte es die Nutzung des MVV attraktiver und günstiger gestalten, sowohl die Gesamtsumme Sockel+Aufpreis als auch der Sockelbetrag alleine. Von Montag bis Freitag ab einer bestimmten Uhrzeit sowie an Wochenenden und Feiertagen berechtigt der Sockelbetrag die Nutzung des MVV-Gesamtnetzes; für die ganztägige Gültigkeit fällt der freiwillige Aufpreis an.

Diese Variante ist und bleibt derzeit die einzige Möglichkeit, überhaupt zu einer Lösung zu kommen. Auch, wenn es Sinn machen würde, die Nutzung zu Nebenzeiten mit den Hauptzeiten umzukehren, oder den Ausbildungstarif II generell als normales Abo anzubieten, ist die oben beschriebene Variante die letzte verbliebene Möglichkeit unter derzeitigen finanziellen Gegebenheiten (die Stadt München oder der Freistaat sehen keine Finanzierungsmöglichkeit).

Antwortschreiben der Studentischen Vertretungen an das Studentenwerk

Antwortschreiben des Studentenwerks an den MVV

Vergleicht u.A. die vom MVV der Politik präsentierten Nebenzeiten mit dem derzeitigen Angebot, siehe Tabelle auf Seite 6 des PDFs.

Beiläufig hat sich geklärt, dass ein Einkomponentenmodell nicht machbar sei (jeder zahlt einen Preis, wie in vielen anderen Städten): In Bayern würde ein Semesterticket nach Hochschulgesetz über das Studentenwerk abgewickelt. Das Haftungsrisiko steigt mit der Höhe verpflichtender Solidarbeiträge; in München erheblich über von Ministerien den Studierenden und Studentenwerk zumutbaren Maße: Ein 6-monatiges Gesamtnetzticket als Einkomponentenmodell würde in München bei ca. 189 Euro pro Semester liegen. Daher gibt es v.A. in Baden-Württemberg (gleiche Situation wie in Bayern) das sog. Sockelmodell. Nichts Neues, war schon seit Mai 2007 klar, aber jetzt ist’s zum Letzten durchgedrungen.

Obwohl im Januar mit MVV, MVG und DB-Regio vereinbart, wird kein Angebot mit einem Sockelbetrag von 55 Euro vorgelegt – eine Begründung gab es nicht, wir bekämenes einfach nicht. Die vom Wissenschaftsministerium als im Semester zumutbare Höhe wurde auf ca. 75 Euro beziffert, daher steht das auch nun so im Angebot. Jedoch wird sich auch an dieser Zahl unter Umständen etwas ändern (je nach Finanzierung durch Hochschulen, Stadt, Land, etc.), weshalb sie als vorläufig zu betrachten ist!

Dass die Verhandlungsweise als wenig kooperativ zu bewerten ist, wäre noch stark untertrieben: Kleinigkeiten wie etwa, dass die Studierenden im Raum keines Blickes gewürdigt und auch selten direkt angesprochen werden, sind da noch harmlos. Es wurde behauptet, sich an Zahlen aus dem letzten Gespräch nicht erinnern zu können oder auch öffentlich zugängliche Beschlüsse des Stadtrates nicht zu kennen. Jedoch haben die  Einschränkungen die Sache systematisch verkompliziert; das hat immerhin doch noch geklappt.

Die Studierenden an LMU, TUM und HM sind mit einem Gesamtumsatz von mittlerweile ca. 32 Millionen Euro im Jahr eine der größten Kundengruppen und wir erleben ein Kasperletheater sondergleichen. Wir diskutieren z.B. über ein Verlustrisiko bei 32 Millionen von 500.000 Euro, das sind 1,6% – welche wohlgemerkt nur mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit eintreten, d.h. genau so auch Gewinne produziert werden könnten. Man kann es auch maßlos übertreiben, und das tun einige in guter cop bößer cop Manier. Das Prozedere ist nur noch absurd und unwürdig, der Vertreter des Bayerischen Wirtschaftsministeriums ging im April 2009 an die Decke, die Geschäftsführung des Studentenwerkes (selbst ein Betrieb mit dreistelligem Millionenumsatz pro Jahr) ebenfalls, usw. Man kann mit Leuten nicht verhandeln, welche systematisch Blockaden einbauen, Dinge vergessen, fehlinterpretieren, anders machen als vereinbart, etc. Dass dies letzten Endes dazu führen soll, dass wir vom Projekt ablassen, ist Ziel der Sache.

Die MVG ist 100%-ige Tochter der Stadtwerke München. Vorstand ist Oberbürgermeister Christian Ude. Daher schrieb das Studentenwerk direkt Anfang Mai an das Rathaus, dass wir uns eine kooperativere Vorgehensweise der MVG wünschen bzw. sie bestimmte Personen gar nicht mehr entsenden sollten oder ob man überhaupt wisse, mit welchen unseriösen Methoden hier gearbeitet würde. Antwort war ein sicher wortreicher, aber in der Sache inhaltsloser Brief des Bürgermeisters. Es ist jedenfalls nicht zu erkennen, dass sich noch irgendwas getan hat, uns so flatterte Ende Mai das Angebot ins Haus. Ums festzuhalten: ein Semesterticket ist an den Bedürfnissen der Mehrheit orientierter Tarif, welcher normalerweise den Steuerzahler oder andere Fahrgäste nicht belastet, d.h. nahezu umsonst oder doch mit reellen Rabatten zu haben.

Grüße, Euer AK Semesterticket