Pilotprojekt Semesterticket an TUM und HM – Entscheidung steht bevor


Liebe Semesterticket-Interessierte,

während auch wir in die Tiefen der Prüfungszeit abgetaucht sind, haben sich zu unserem Lieblingsthema neue Entwicklungen ergeben: Es liegt seit Anfang Dezember 2009 ein Kompromissvorschlag auf dem Tisch, das Semesterticket als Pilotprojekt nur an der TUM und HM für zunächst zwei Jahre einzuführen – zum Euch in der Abstimmung vorgelegten Preis, und wenn der enge Zeitplan eingehalten werden kann ab WS2010/11.

Wie es dazu kam – deutliche Mehrheit an der TUM und Zustimmung an der HM weisen Weg Richtung Pilotprojekt

Am 4.12.09 endete die Abstimmung um Mitternacht, am Samstag den 5.12. wurden die Ergebnisse veröffentlicht. Direkt an diesem Wochenende hat uns unser Präsident Prof. Herrmann telefonisch seine Unterstützung zugesichert und Gespräche mit dem Münchener Rathaus und dem Wissenschaftsministerium aufgenommen. Am 14.12.09 hatte OB Ude einem Studentischen Vertreter der HM und zwei Studentischen Vertretern der TUM ein Gespräch ermöglicht, bei welchem wir unser Anliegen vorbringen konnten. Bereits zu Beginn des Gespräches war auch die Unterstützung des OBs deutlich, welcher wie in seiner PM vom 7.12. die Mehrheiten für das Semesterticket an TUM und HM sowie eine Stimmenmehrheit insgesamt (Summe über alle abgegebenen Stimmen) als Handlungsbedarf interpretiert, so dass wir auf unsere vorbereitete Argumentationslinie gar nicht zurück greifen mussten. Wissenschaftsminister Heubisch hatte zuvor eine ähnlich lautende Mitteilung herausgegeben.

Ermöglicht wurde dies wegen Eurer phänomenalen Wahlbeteiligung und dem recht deutlichen Ergebnis von 82,5% Zustimmung an der TUM – in Zusammenhang mit der Wahlbeteiligung eine absolute Mehrheit aller TUM-Studierenden. Die Zustimmung von 65,5% an der HM ist ebenfalls deutlich, jedoch unterstreicht sie, dass der erheblich höhere Sockelbetrag von vielen Studierenden als problematisch eingeschätzt wird (obwohl die durchschnittlichen Ausgaben der Studierenden an der HM noch über denen der TUM liegen). Die 52,1% Ablehnung an der LMU sind entsprechend folgerichtig, der Sockel viel zu hoch bei entsprechendem Fahrverhalten und wird kaum / nicht mehr als solidarisch empfunden (obwohl über 60% aller LMU Studierenden 3 oder mehr Ringe verwenden).

Leider und wie mehrfach erläutert ist es sehr schwer bis nahezu unmöglich, alle Studierenden Münchens unter einen Hut zu bekommen und ein attraktives Angebot zu vermitteln bzw. wurde trotz mehrfacher Anfrage und getroffener Handlungsvereinbarung gegenüber MVG und DB kein anderes Angebot vorgelegt. Ob der Weg von uns an der TUM mit einem Studienbeitragskonzept einen niedrigeren Sockel zu erreichen der Richtige ist? Bei uns stand das Gesamtpaket zur Abstimmung – die Ergebnisse an den anderen Hochschulen sehen wir nach wie vor als Motivation und Aufforderung an die Verkehrsbetriebe für dringende Verbesserungen in den kommenden Jahren. Der Anfang wäre ein deutlich niedrigerer Sockelbeitrag, wie von uns stets vorgeschlagen und gefordert, doch dazu später mehr.

Kompromissvorschlag – konkrete Zahlen

Laut eigener Aussage des MVV würde bei einem Gesamtumsatz von ca. 31,1 Millionen Euro pro Jahr (Umsatz aller Studierenden von LMU, TUM und HM pro Geschäftsjahr, Basis und Tarifstand infas-Studie von 2007) durch eine Einführung an TUM und HM sowie das Ausbleiben der LMU ein Verlust von max. 1 Mio. Euro pro Jahr entstehen (Basis Tarifstand 2010). Das sind ca. 3 bis 4% Umsatzverlust durch Einführung des Semestertickets zum angebotenen Tarif an TUM und HM, bedingt durch Skaleneffekte und ein im Durchschnitt minimal anderes Fahrverhalten an der LMU (an allen drei Hochschulen liegen die durchschnittlichen Ausgaben aller Studierenden für den ÖPNV über 200 Euro pro Semester). Oder anders herum gesagt müsste sich schätzungsweise der Aufpreis im Sockelmodell um 10 bis 15 Euro verteuern, um diese Lücke zu schließen – was wiederum eine neue Abstimmung erfordern würde.

Nun können weder infas, noch der MVV oder die Verkehrsbetriebe einschätzen, ob die beschriebene Umsatzlücke tatsächlich entsteht: Die hohen Zustimmungsquoten an TUM und HM lassen vermuten, dass sich das Aufpreisticket besser verkauft, als von infas prognostiziert – zudem gab es im berechneten Angebot mit Sicherheit einen finanziellen Puffer. Ihr müsst Euch vergegenwärtigen, dass bei Gewinn-/Verlust die Variable „Wie viel % aller Studierenden kaufen das Aufpreisticket“ sich ca. 1% weniger Aufpreisticketkäufer in einem hohen fünfstelligen Minus niederschlägt, während bereits +/-5% Aufpreisticketkäufer Unsicherheiten im höheren sechs- bis knapp siebenstelligen Bereich bedeuten. Davor schrecken die Verkehrsbetriebe zurück.

Jedoch ist das Ganze in Relation zum Gesamtumsatz der Studierenden zu sehen, wie oben hergeleitet 3 bis 4% des Umsatzes der Studierenden bzw. realtiv zum Gesamtumsatz des MVV von über 500 Millionen Euro pro Jahr – auf Arbeitsebene kommt man kaum weiter, weshalb wir schon in der Pressemitteilung vom 5.12.09 mit der Bekanntgabe der Ergebnisse geschrieben haben „müsse eine politische Entscheidung her“: Natürlich könnte man erneut über ein höheres Angebot abstimmen, aber irgendwann wird der Schaden für Demokratie und das Image des Hochschulstandortes München größer als das reale Verlustrisiko.

Pilotprojekt – Entscheidung steht bevor

Deswegen lautet die Formel „Falls während der Pilotphase an TUM und HM durch die Einführung des Semestertickets dem MVV Umsatzverluste entstehen, würde diese zu je einem Drittel von der Landeshauptstadt München, dem Freistaat Bayern und den Hochschulen getragen“. Erstmals werden damit externe Zuschüsse in Aussicht gestellt, ein von vielen Kritikern des Angebotes geforderter Schritt. Es handelt sich um eine Art Ausfallbürgschaft, das heißt die Zuschüsse hätten die Form einer Absicherung im Notfall, um den Tarif überhaupt einzuführen – würden aber nicht in jedem Fall fließen und leider auch nicht in Preissenkungen resultieren (sondern das aktuelle Abstimmungsverhalten an TUM und HM respektieren, womit erneute Abstimmungen über einen höheren Preis für die kommenden zwei Jahre unnötig wären). OB Ude hat uns bereits am 14.12.09 zugesichert, dass er und die Stadt diese Lösung mittragen würden. Unser Präsident Prof. Herrmann hat diesen Vorschlag in der Diskussion mit dem OB und Wissenschaftsminister entwickelt, weshalb der Standpunkt der TUM bereits feststeht. An der Hochschule München ist die Diskussion noch im Gange. Der Freistaat beschäftigt sich ebenfalls damit, ob nun das Wissenschaftsministerium, das Wirtschaftsministerium (zu welchem auch das Ressort Verkehr gehört) oder beide sich beteiligen.

Wie im politischen Ringen üblich geht es auch um die Wahrung eigener Interessen: Wir haben in den vergangenen Jahren zwar des öfteren auf einen ähnlichen Finanzierungsgipfel und Zuschüsse gehofft, diese scheiterten jedoch meist am Schwarzen Peter Spiel „Das sollen doch die anderen bezahlen“. Das Angebot des OB ist daran gebunden, dass der Freistaat mitzieht, und sicher umgekehrt. Nachdem die Hochschulen auch ihren Hut in den Ring geworfen haben, sind wir jedoch positiver Dinge, hier zu einem echten Novum zu kommen. Warum? Weil ein Abstimmungsergebnis von über 80% an der TUM alle politischen Seiten maßgeblich beeindruckt hat: Ihr habt damit eine echte Marke gesetzt, und das wissen viele zu respektieren.

Wir dürfen uns jedoch nichts vormachen: Der Hochschulanteil in dieser Ausfallfinanzierung ist unser eigenes Geld, nämlich Studienbeiträge. Es geht um ca. 5 bis 7 Euro pro Kopf pro Semester. Der Standpunkt des Fachschaftenrates der TUM vor den Gesprächen mit unserer Hochschulleitung über ein Studienbeitragskonzept zum Semesterticket in 2009 war laut Beschluss, man solle zunächst so viel wie möglich an Mitteln anfragen, was uns angeboten wird, und dann im Verhältnis abwägen: Dementsprechend sahen wir auch die Senkung von 78,50 Euro auf 49 Euro Sockelbeitrag durch ein Studienbeitragskonzept als verhältnismäßig, dass eine spürbare und wahrnehmbare Reduzierung auf der einen Seite steht, und auf der anderen Seite immer noch deutlich Mittel für Lehre sowie Studienbedingungen vorhanden sind. Dieses Gesamtpaket stand zur Abstimmung. Nachdem die mögliche Ausfallfinanzierung im Verhältnis zum zur Abstimmung gestandenen Beitragskonzept geringer ist, halten wir diesen Ansatz für pragmatisch und vertretbar, da der Freistaat und die Stadt sich erstmalig an einer Finanzierung des Semestertickets beteiligen würden und wir Euch zumindest für die nächsten zwei Jahre eine erneute Abstimmung über ein teureres Angebot ersparen könnten. Oder anders herum gesagt, wenn wir auf diese Art und Weise externes Geld ins System bekommen, sollten wir aus unserer Sicht mitmachen.

An der Hochschule München wird diese Diskussion mit erheblichen „Bauchschmerzen“ zwischen Studierenden und Hochschulleitung noch geführt, geht aber in die ähnliche Richtung. An der HM wird parallel über die Senkung von Studienbeiträgen verhandelt, weshalb diese Frage klar Priorität vor einem Semesterticket hat. Wie ihr vermutlich wisst, wird die Frage „Studienbeiträge fürs Semesterticket“ an HM und der LMU zum Teil sehr heftig und basierend auf anderen strategischen Ansätzen geführt.

Der Konvent der LMU hatte bereits vor der Abstimmung beschlossen, kein Studienbeitragskonzept in Sachen Semesterticket anzustrengen. Nachdem an der LMU die Abstimmung denkbar knapp ausgegangen ist, wird es dabei bleiben. StuVe der LMU, deren Hochschulleitung, das Studentenwerk und auch wir sehen, dass die Sache an der LMU für die nächsten zwei Jahre einfach gelaufen ist: Ein externes Einwirken auf die Mehrheitsverhältnisse wäre fatal und entspricht nicht unserem Demokratieverständnis, die StuVe wird nach eigener Aussage nicht abstimmen, „bis es passt“. Daher sehen wir es als deutliche Aufforderung an die zukünftig zum Semesterticket aktiven Studierenden, dass mit Ende des Pilotprojektes an der TUM und HM im Interesse der Studierenden der LMU und unser aller Interesse ein attraktiveres Angebot her muss, wenn das Semesterticket in München keine Eintagsfliege bleiben soll.

Die Lösung dafür ist bekannt, das von uns schon 2007 vorgeschlagene Stuttgarter Modell hat bei einem ähnlichen Tarifgefüge einen Sockel von unter 40 Euro pro Semester. Trotz mehrfacher Aufforderung haben wir leider für einen Sockelbetrag in ähnlichen Preisregionen nie ein Angebot erhalten, sondern durch die Bindung mehrerer Hochschulen eher die teurere Variante. Wir denken, dass bei erfolgreichem Lauf des Pilotprojektes an TUM und HM das Potential für Verbesserungen vorhanden sein wird, auch im Interesse unserer Kommilitonen an der LMU. Nach Rückfrage bei Verhandlungspartnern schätzen diese die Chancen derzeit mit den Verkehrsbetrieben einen günstigeren Sockel anbieten zu können als gering ein, weil die Vorbehalte gegen das Semesterticket als solches einfach noch zu groß seien. Wer von Euch die Verhandlungen der letzten Jahre verfolgt hat, der weiß, wie schwierig es war, überhaupt zu einer Lösung zu kommen.

Wie und wann geht es weiter

Die HM entscheidet in diesen Tagen, am 24.3. trifft sich der Wissenschaftsminister mit den Präsidenten von TUM und HM. Ob die HM als verbleibende Hochschule bereits eine Zusage erteilt und Minister Heubisch für den Freistaat, wissen wir leider nicht. Lange kann es aber nicht mehr dauern. Wenn die Ausfallfinanzierung steht, stünde noch die Vertragsverhandlung zwischen Studentenwerk und MVV bevor. Das will in allen Details durchdacht und überprüft sein, erst dann können die Beteiligten unterschreiben.

„Schau ‚mer mal“, ob es dazu kommt!

Bis dahin, frohe Ostern, viel Spaß und eine gute Zeit,

Euer AK Semesterticket