Neue Verhandlungsrunde: bekannte Argumente, neue Perspektiven


Auf Einladung des Studentenwerkes saßen der MVV, Vertreter der beiden Staatsministerien für Wirtschaft und Wissenschaft, Vertriebsleiter der S-Bahn München, DB-Regio und der MVG (U-Bahn, Bus, Tram) sowie die Studentischen Vertretungen von LMU, TUM und Hochschule München am Nachmittag des 22.01.2009 erstmals wieder beisammen. Der MVV hat von seinen Gesellschaftern Ende November einen neuen Verhandlungsauftrag bekommen, womit wir in eine neue Verhandlungsrunde gestartet sind.

Dieser Auftrag beinhaltet, dass den Studierenden ein Angebot für ein Semesterticket unterbreitet werden soll, aber auch, dass den Verkehrsbetrieben hierdurch keine Einkommensverluste entstehen dürfen.

Das Wichtigste vorweg: Es gab keine Entscheidung bezüglich eines Angebotes oder konkrete Zahlen. „Man redet wieder miteinander“ ist die positivste Nachricht des Tages. V.A., dass die beiden größten Verkehrsbetriebe (Deutsche Bahn und MVG) nun direkt mit eingebunden sind, stimmt uns zuversichtlich, nachdem wie des Öfteren beschrieben der MVV selbst den Lösungsansätzen zum Semesterticket stets offen gegenüber stand.

Die Argumente der Verkehrsbetriebe sind größtenteils bekannt: Aus ihrer Perspektive ist das Wunschmodell nach wie vor das so genannte Einkomponentenmodell (alle Studierenden würden einheitlich den gleichen Preis verpflichtend entrichten, erhalten dafür 6 Monate das Gesamtnetz, ganztags). Der Preis würde so ausgelegt, dass den Verkehrsbetrieben keine Mindereinnahmen entstünden, das Risiko eines Umsatzverlustes ist minimal.

Nachdem sowohl das Wissenschaftsministerium als auch das Studentenwerk einen entsprechend hohen Pflichtbeitrag vermeiden und ihrerseits das Haftungsrisiko minimieren möchten, ist die Alternative das Sockel- oder Zweikomponentenmodell (verpflichtender Sockelbetrag erlaubt die Nutzung zu Nebenzeiten wie z.B. unter der Woche Abends, am Wochenende und Feiertagen ganztags im Gesamtnetz; ein ganztags gültiges Semesterticket gibt es zu einem freiwilligen Aufpreis). Die Verkehrsbetriebe bringen als Gegenargument zu Recht vor, dass durch die ungewisse Anzahl von Käufern des Aufpreises das Risiko eines Einnahmeverlustes besteht – jedoch haben wir deutlich gemacht, dass ebenso den Verkehrsbetrieben Überschüsse bzw. Gewinne entstehen könnten (Hauptproblem: es gibt in der Auslegung des Tarifs nur einen Punkt als break-even bei den Einnahmen welcher davon abhängt, wie viel Studierende den Aufpreis im Sockelmodell kaufen. 5% mehr oder weniger sind bei der Menge und dem Preisniveau in München meist Beträge im sechsstelligen Bereich oder knapp in Millionen Euro).

Zwei relevante Neuerungen: Das Wissenschaftsministerium kommt den Verkehrsbetrieben entgegen, dass der zumutbare Pflichtbeitrag in einem Semesterticket nicht mehr strikt unter 45 Euro pro Semester, sondern auch höher angesetzt werden könnte. In Höhen wie Städte mit einem vergleichbaren Einkomponentenmodell (ca. 140 Euro in Hamburg, 154 Euro in Berlin, jeweils pro Semester) wird in Bayern jedoch ein Tarif kaum machbar sein, es sei denn dass dieser ganz erheblich bezuschusst würde – was wiederum sehr unwahrscheinlich ist. Eine Modellentscheidung ist nach wie vor nicht gefallen; das von uns in Eurem Sinne seit mehreren Jahren vorgeschlagene Sockelmodell (auch Ergebnis einer Umfrage 2006 an der TUM) hat jedoch gute Chancen. Es geht lediglich um die Frage, wie hoch der Sockelbetrag sein könnte.

Das Wirtschaftsministerium ist den Verkehrsbetrieben ferner entgegen gekommen. Die Betriebe erhalten Zuschüsse vom Freistaat: Eine normale IsarCard wird durch diese Bezahlung für Schüler, Azubis und Studierende günstiger, das Resultat ist der Ausbildungstarif I und II. Die Bedenken der Verkehrsbetriebe waren, ob die Zuschüsse in gleicher Höhe auch bei Einführung eines Semestertickets fließen könnten. An dieser Frage wird gearbeitet, jedoch mit positivem Ausblick. Auch hier geht es um ca. einen zweistelligen Millionenbetrag im Ausbildungstarif der Studierenden.

Auf politischer Ebene scheint sich einiges zu tun, der Wissenschaftsminister hat mit dem Oberbürgermeister Ude vor kurzer Zeit das Thema diskutiert. Sowohl der neue Wissenschaftsminister Dr. Heubisch als auch der neue Wirtschaftsminister Zeil (beide FDP) hatten sich des Themas angenommen, wie von uns berichtet. Der Oberbürgermeister hat in einem Interview kurz vor Weihnachten erneut Zuschüsse vom Freistaat gefordert, um das Einkomponentenmodell günstiger anbieten zu können; vom Zweikomponentenmodell war in diesem Interview nicht die Rede. Eine finanzielle Förderung wurde vom Freistaat oder der Landeshauptstadt nicht in Aussicht gestellt. Das Problem des Freistaates (Wirtschaftsministerium) ist, dass er bisher allein nach §45 des Personenbeförderungsgesetzes den Ausbildungstarif subventioniert und ein separater „Topf“ für München von anderen Landesteilen sicher nicht gerne gesehen würde. Das Studentenwerk und wir Studierende haben vorgebracht, dass sich München zu seiner Verantwortung bekennen sollte, nachdem wir Studierende die Wirtschaftskraft größtenteils in München erbringen und z.B. als in dieser Stadt gemeldete Bürger entsprechende Kopfpauschalen nach dem Meldegesetz und weitere Abgaben nach München fließen.

Das nächste Treffen findet Ende Februar statt. Bis dahin wird der MVV das Einkomponentenmodell und das Sockelmodell mit zwei neuen und verschiedenen Sockelbeträgen erneut berechnen. Im Anschluss werden wir auf ein Treffen der politisch Verantwortlichen hinwirken (Verkehrsbetriebe, Landeshauptstadt, Freistaat, evtl. auch Hochschulen) um die Bereitschaft einer finanziellen Unterstützung der konkreten Zahlen zu prüfen. Dass im Sommersemester 2009 Euch die endgültigen Zahlen zur Urabstimmung vorgelegt werden, wäre der Idealfall – jedoch sind bis dahin noch sehr viele Details zu klären.

Wir haben unsere Seite http://www.fs.tum.de/semeti aktualisiert. Ihr könnt dort nun einfacher den jeweils aktuellen Verhandlungsstand und einige ausgewählte Presseartikel einsehen.

Viel Erfolg für Eure Prüfungen, bis bald

Euer AK Semesterticket